Die vorgestellte Kurzfilmauswahl (2019 bis 2021) zeugt von der beeindruckenden Vitalität und Vielfalt des deutschsprachigen Kurzfilms in sämtlichen Sparten, ob Spielfilm, Dokumentarfilm oder Filmessay. Was verbindet die WG-Bewohner, die sich wegen der Anschaffung eines Staubsaugers streiten (Dirt devil 550), mit der wehmütigen Hommage an eine Stadt, die den Wassermassen eines Staudamms weichen musste (Chawani,
bashi)? Oder das skurrile Porträt eines frühzeitig verstorbenen androgynen Sängers (Lana Kaiser) mit dem Alltagsrassismus, den ein afghanischer Kurierfahrer und seine Tochter ertragen müssen (Bambirak)? Was die surreale Animation über eine Stadt, die zurückschlägt, weil sie im Verkehr erstickt (Benztown) mit Herzogin Sophie, die 1741 dem Finanzdirektor Rubenstein anordnet, ihren Gemahl zu einer Beschneidung zu überreden (Ein kleiner Schnitt)? Was verbindet das in einer 10-minütigen Plansequenz gedrehte Porträt von respektlosen
Jugendlichen in einem Linienbus (22:47 Linie 34) mit der Einsamkeit eines deklassierten Arbeitslosen (Der Wächter)? Wahrscheinlich der Konflikt zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft, in der sich jeder verzweifelt einen Platz sucht, aber auch das Vergnügen, mit allen Mitteln Filme zu drehen.

Olivier Broche


Olivier Broche: Als Schauspieler wirkte er bei den Deschiens mit, arbeitete regelmäßig im französischen Kino (Agnès Jaoui, Antonin Peretjako, Jérôme Bonnell, usw.) und im Fernsehen (Serie OVIN(s), usw.) und verbrachte den größten Teil seiner Karriere im Theater (letztes Stück: J’habite ici von Jean-Michel Ribes am Théâtre du Rond-Point).